Geschichte der Klammen
Die hiesigen Sandsteine entstanden im Mesozoikum, vor etwa 100 Millionen Jahren, als sich auf einem Meeresgrund mehrere Hundert Meter hohe Absetzungsschichten bildeten. Später zog sich das Meer zurück und vulkanische Tätigkeit im Tertiär hatte zur Folge, dass die Sandsteinschichten zu mehreren Teilen zerbrachen. Das Werk vollendete Wind- und Wassererosion, dank denen an vielerorts Formen entstanden, die es anderswo nicht zu sehen gibt.
Über eine lange Zeit blieb das Gebiet um den Kamnitzbach (Kamenice) nur schwer zugänglich und mit Geheimnissen verhüllt. Die Stelle, wo der Pfad endete und es weiter nur noch Wasser und Felsen gab, wurde sogar Das Ende der Welt genannt. Versuche weiter vorzudringen hielten die hiesigen Menschen für eine Torheit oder gar für Lästerung.
Die Klammen am Kamnitzbach stellten auch lange ein Hindernis dar, welches die Bewohner der Gemeinden am rechten Bachufer, Stimmersdorf (Mezná) und Hohenleipa (Vysoká Lípa), jeden Sonntag auf dem Weg zur Kirche in Rosendorf (Růžová) zu überwinden hatten. Der Bach war aber auch eine Ernährungsquelle. Forellen und Lachse waren der Fang der Fischer, von Waldarbeitern wurde er zum Holzflößen genutzt.
Erst am Ende des 19. Jahrhunderts war der Kamnitzbach besser Erkundet und nur ein wenig später kamen auch die ersten Touristen. Dem ging jedoch ein interessantes Ereignis vor. Im Jahr 1877 wurde im Herrnskretschner Gasthaus Zum grünen Baum (U Zeleného stromu) eine kühne Wette geschlossen. Fünf Abenteurer beschlossen den Kamnitzbach und dessen Klammen auf einem Floß zu bezwingen. Drei Flöße trugen sie tatsächlich ohne größere Schwierigkeiten von der Grundmühle (Dolský mlýn) bis nach Herrnskretschen (Hřensko). So wurde der eigentliche Grundstein für die touristische Nutzung der Klammen gelegt.
Den größten Verdienst an der touristischen Erschließung der hiesigen Schönheiten in einer komfortableren Weise als auf einem Floß trägt Fürst Edmund Clary-Aldringen. Seit den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts wendete er erhebliche Mittel für die Zugänglichmachung des Gebiets auf. Als Besitzer der hiesigen Herrschaft strebte er das Ziel an, den Touristen ihren Aufenthalt möglichst angenehm zu gestalten, dazu gehörte auch die Erschließung beider Klammen. Herbeigezogen wurden italienische Fachleute, unter deren Leitung 200 Arbeiter – Baraber – Steige, Brücken, Tunnel, Stege und Wehre erbaut wurden. Die Baraber – diese Bezeichnung soll von der biblischen Gestalt Barabbas abgeleitet sein – waren ursprünglich Eisenbahn-Bauarbeiter, die die schwersten Arbeiten beim Tunnelbau leisteten, z. B. in den Alpen. Es war eine interessante Gemeinschaft, bekannt für ihr Nomadenleben, gefährliche Arbeit und eigenartige Tradition. Die Tunnel für Wanderer erstellten sie während wenigen Wintermonaten, indem sie den Sandsteinfelsen zuerst mit Feuer erhitzten und danach mit Wasser schnell abkühlten. Der Stein zerplatzte und konnte weiter gebrochen werden. An der Erschließung der Klammen beteiligte sich auch der Gebirgsverein für die Böhmische Schweiz.
Als erster Abschnitt wurde im Jahr 1890 die etwa 500 m lange Edmundsklamm (Edmundova soutěska) oder auch Stille Klamm (Tichá soutěska) eröffnet, wobei anschließend auch ein Gasthaus entstanden war. Zur Beförderung dienten damals fünf Kähne, die von Kahnfahrern in Seemanns-Bekleidung mit langen Stangen bewegt wurden. Acht Jahre später wurden auch die Arbeiten an der 250 Meter langen Wilden Klamm (Divoká soutěska) vollendet. Die Beliebtheit dieser Lokalität stieg weiterhin an, was auch schriftliche Quellen aus den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts belegen. Zu dieser Zeit wurden die Touristen auf 21 Kähnen vom frühen Morgen bis in die Dunkelheit befördert, jährlich kamen etwa 160 000 Besucher an. Es galten hier strenge Vorschriften, es durften keine Fotografien für kommerzielle Zwecke aufgenommen werden, verboten waren Straßenhandel, das Aushängen politischer Plakate sowie der Zutritt für Bettler. Im Jahr 1964 wurden beide Klammen mit Hilfe der tschechoslowakischen Armee rekonstruiert.